Vor einem Jahr hatte Mia Marissa viele Pläne, aber Sängerin zu werden, gehörte nicht dazu. Doch dank einer Reihe von glücklichen Zufällen und ein wenig Anschub von den richtigen Leuten hat sie schließlich den Sprung in die Musikszene gewagt. Jetzt bringt Mia catchy Pop-Songs mit einem Schuss Schlager-Flair heraus, in denen sie gesellschaftliche Themen, persönliche Erfahrungen und das Leben im Allgemeinen behandelt. Diese Entscheidung hat sich als absolut richtig erwiesen, denn nicht nur ihre Leute lieben ihre Musik, sondern auch der Verlag von Ski Aggu und Shoki hat sie auf dem Radar. Ein Deal in der Tasche ist dabei nur der Anfang für die aufstrebende Künstlerin.
Ich traf die Wahldüsseldorferin an einem verregneten Mittag in einem gemütlichen Café am Maybachufer in Berlin. Zwischen Orangen-Ingwer Tee und Kaffee tauchten wir gemeinsam in ihre Welt voller unerwarteter Erlebnisse ein.
Erzähl mal, wer bist du, was machst du und wie kamst du zur Musik?
Ich bin Mia Marissa und was ich mache? Ich fahr gerade so ein bisschen dreigleisig. Ich hab‘ mich sozusagen erst im Juni dazu entschieden, so richtig Musik zu machen. Vor drei Jahren hab‘ ich aus Spaß mit meinen Jungs angefangen, also wenn ich von meinen Jungs spreche, dann rede ich von OTPendia. In deren Kellerstudio bin ich quasi groß geworden. Früher war es aber wirklich nur aus Spaß, irgendwann haben sie mich dann überredet Musik zu machen und ich hab’s dann einfach getan. Sonst studiere ich Psychologie und spiele Hockey. Das auch relativ professionell, weil ich in der Bundesliga spiele.
Mit welchen Worten würdest du deine Musik beschreiben?
Ich bin noch absolut am Anfang und bewege mich irgendwo auf dieser poppigen Schlagerebene. Aber mit Texten, die so nicht im Schlager vorkommen oder beziehungsweise spreche ich eher andere Themen der Jugend an, die ein bisschen moderner sind als das, was man normalerweise unter Schlager versteht.
Ich mag deine Musik echt gerne, aber immer wenn ich das Wort „Schlager“ höre, hab‘ ich diesen bitteren Ballermann-Beigeschmack. Wie empfindest du das?
Ich muss sagen, ich finde es selber immer blöd, wenn ich damit verglichen werde. Denn wie du schon sagst, Schlager hat einen bitteren Beigeschmack. Und an den Ballermann möchte ich auf keinen Fall. Das bin ich auch nicht und es passt absolut nicht zu mir. Aber ich kann halt leider nicht leugnen, dass ich die Stimme dafür hab‘. Deswegen hab‘ ich versucht, das auf eine coole Art und Weise zu machen. Dabei hat mir Tim aka OT sehr viel geholfen. Er hat sozusagen mein erstes Lied geschrieben. Wir haben den Beat zusammen ausgesucht und der Rest ist Geschichte. Tim hab‘ ich sehr viel zu verdanken. Durch ihn bin ich in die Musikwelt eingetaucht und jetzt da wo ich bin.
Das klingt interessant, zu den Jungs kommen wir später nochmal zurück. Erstmal möchte ich wissen, was so deine Themen sind
Ich versuche immer, ein bisschen was aus meinem Alltag zu erzählen und sonst sind es Themen, die mich interessieren. Zum Beispiel war mein neuer Song „Schnappsidee“ darauf ausgerichtet, dass die Gesellschaft oft Probleme beim Feiern und Ausgehen ignoriert oder einfach hofft, dass sie verschwinden, nur um am Ende doch wieder an dem Punkt zu landen, an dem man vorher war. Deshalb habe ich versucht, den Song ein wenig zyklisch zu gestalten. Er endet mit der Line: „Werde wieder wach“. Damit möchte ich diesen ewigen Kreislauf, in den man steckt abbilden.
Das Thema Liebe behandelst du aber auch immer mal wieder
Absolut! Ich glaube, das ist etwas, womit jeder relaten kann. Das ist halt leider das Thema, worüber die meisten Songs entstehen, weil man dieses Gefühl am besten beschreiben kann. Ich bin eine super Romantikerin und deswegen werde ich wahrscheinlich auch nie komplett von diesen Liebesthemen wegkommen. Mein kommendes Lied greift dieses Thema auch wieder auf. Es heißt „Augenblick“ und steht so ein bisschen für die Momente, in denen man abends im Bett liegt und an eine Person denkt, mit der man mal zusammen war oder auch nicht zusammen war, ne Situationship hatte etc. und dieses typische Gefühl von: „Oh, Scheiße, schreib ich dieser Person jetzt oder doch nicht? Scheiße, die ist online und wie schreib ich ihr und was schreib ich ihr? Und will ich das überhaupt oder will ich lieber jemanden finden, der mich theoretisch auch will und der mir zuerst schreibt?“
Das Lied ist ein bisschen atziger und enthält Trap Elemente, aber trotzdem geht’s nach vorne. Ich glaub‘, dieser schnelle nach vorne werde ich niemals wegbekommen, irgendwie passt es doch echt gut zu mir.
Apropos atzig, du bist in Dinslaken aufgewachsen und hast ja gerade auch schon ein wenig davon erzählt, wie dich die Jungs von OTPendia quasi zur Musik ermutigt haben. Gibt es noch weitere Leute, die dich zu dieser Zeit beeinflusst haben?
Also, wir haben ja noch unseren kleinen AyVe, eigentlich unseren Größten. Mit ihm hab‘ ich sozusagen mein erstes Feature gemacht. Das ist jetzt auch schon 2 Jahre her. Das Lied heißt „erste ma verliebt“ und ist eines seiner erfolgreichsten. Was für mich super ärgerlich ist, weil ich damals nirgendwo erwähnt werden wollte. Mittlerweile hat es ein bisschen mehr als 16 Millionen Streams.
Shit, das ist schon ziemlich ärgerlich, kann man das nicht im Nachhinein noch ändern?
Ja schon, aber ich brauche das nicht. Also ich weiß, dass mir dadurch auf jeden Fall monatlich Hörer:innen flöten gehen, aber so kann ich doch auch irgendwo meinen eigenen Sound schaffen und werde nicht nur mit dem Lied verglichen. Es ist ein geiler Song, zu dem ich auch absolut stehe. Irgendwo ist es ärgerlich, aber in dieser Zeit wollte ich meinen Namen dort nicht stehen haben.
Fängst du jetzt auch bald wie die Jungs mit dem Rappen an?
Ich glaub‘, das kann ich nicht. Wir haben natürlich oft im Studio Faxen gemacht, vor allem wenn es später wurde und so’ne Art Karaoke-Vibe herrschte. Dann musste jeder einen Part rappen, aber davor habe ich mich immer gedrückt. IMMER! Ich glaub‘, ich kann die Wörter auch gar nicht so schnell aussprechen. Ich hab‘ wirklich größten Respekt davor, was die Jungs da machen.
Wie entsteht so ein Mia Marissa Song?
Ich versuche immer, ein Bild zu schaffen, mit dem die Leute relaten können oder sich zumindest wohl fühlen. Das ist immer mein erster Gedanke und das ist definitiv nicht einfach, besonders weil ich zu Beginn noch nicht so gut im Writing war. Vor allem, weil ich die ersten Lieder nicht selbst geschrieben habe. Das kann ich auch ganz offen zugeben. Ich finde es so dumm, wenn man sagt: „Ja, ich habe es selber geschrieben.“ Ne, habe ich nicht. Die Ideen kamen von Tim. Ich hab‘ sozusagen nur meine Stimme dazu gegeben und er war der kreative Kopf dahinter.
Bei den neueren Liedern ist es anders. Ab den Songs „Ich falle“ oder „Cowboyboots“ hatte ich selber die Ideen. Mittlerweile kann ich Songwriting auf meine eigene Art und Weise schon ganz gut. Es wird von Mal zu Mal besser. Ich versuche halt einfach, Worte und Situationen zu nehmen, die man nachvollziehen kann. So gehe ich in jede Session und dann ist es so, dass der Producer den Beat macht und ich meinen Senf dazu gebe. Dann steht der Beat und ich schreib‘ den Text drauf.
Und das funktioniert ja auch ganz gut. Dein Verlags-Label Bamboo Artists hat dich und weitere Musiker:innen wie Shoki, Ritter Lean oder Leepa zu einem 10 tägigen Session Camp nach Fuerteventura eingeladen. Wie war das?
Irgendwo hab‘ ich mich darauf gereut, aber ich hatte auch sehr viel Respekt davor, weil ich wusste, dass ich dort mit Abstand der kleinste Fisch bin. Dazu kam noch, dass ich Geburtstag hatte und den hasse ich, weil man da immer Aufmerksamkeit kriegt, die man nicht will. Aber es war echt super schön. Ich hab‘ ein ganz anderes Bild von den Leuten bekommen, die schon größer sind. Wir sind halt alle Menschen, die gerne Musik machen und irgendwie auf dasselbe hin arbeiten.
Hast du in der Zeit etwas Neues kreiert?
Ja, der Song „Augenblick“ ist dort entstanden!
Korrekt, darauf freu ich mich! Es gibt doch bestimmt auch Leute, die vielleicht schon länger Musik machen, gerne in deiner Position wären und dir diesen Aufstieg nicht gönnen
Ich kann es doch selber nicht verstehen. Am Anfang hab‘ ich auch immer zu den Jungs gesagt, dass ich das eigentlich gar nicht verdient hab‘. Es war halt wirklich Glück und purer Zufall, dass das Label genau auf mich gestoßen ist. Das ist leider die Musikindustrie und deswegen würde ich den Leuten am liebsten die Hand geben und sagen: ja, ich bin voll bei euch.
Stark. Gerade in solchen Situationen kommt es auf die richtigen Menschen an, die einen supporten
Meine Jungs sind toll, die waren schon immer auf meiner Seite. Bei uns gibt es diese Neidkultur nicht. Deswegen bin ich auch mega happy in meinem Umfeld. Es gibt nun mal Leute, die einem etwas nicht gönnen, aber bin ein sehr positiver und loyaler Mensch und wenn ich merke, dass jemand so drauf ist, distanziere ich mich einfach.
Was steht in der Zukunft an?
Es werden jetzt auf jeden Fall kleinere Auftritte kommen, was auch vollkommen ausreichend ist, weil ich für eine große Bühne einfach noch nicht bereit bin. Ich bin mal gespannt, was noch so passiert. Es kommt ungefähr alle 4 Wochen eine neue Single raus. Irgendwann möchte ich auch eine EP rausbringen, denn damit kann ich mehr aussagen als mit einzelnen Singles. Ich glaube aber, das lässt noch ein bisschen auf sich warten und das ist auch gut so. Ich bin absolut in der Selbstfindungsphase sowohl was meinen Sound betrifft als auch mein Musikleben.
Wenn du einen Wunsch in Bezug auf deine Musik frei hättest, welcher wäre es?
Boah, das ist eine sehr gute Frage. Ich glaub‘ mir ist es relativ egal, ob ich mal irgendwann ganz groß werde oder vielleicht doch im Underground bleibe, aber ich möchte auf jeden Fall eine coole Fanbase haben. Fans, die meine Musik wirklich feiern. Ich glaub‘, es macht keinen Spaß, wenn man irgendwann ganz groß ist und du weißt, dass diese Fans nur ein Jahr bleiben. Deshalb möchte ich Leute um mich herum haben, die mich cool finden, meine Musik wirklich feiern und die meine Lieder einfach verstehen.
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