Der Duisburger Rapper Haschi sorgt in den vergangenen Monaten für frischen Wind in der Underground Deutschrap-Szene. Seine Musik ist eine ordentliche Mischung aus Old School und Boom Bap Rap. Mit authentischen Texten, die von seinem Leben, dem eigenen Umfeld und Graffiti handeln, hält er die Fahne ziemlich hoch und sorgt dafür, dass sein Viertel Hochfeld und insbesondere seine Stadt Duisburg auf die Karte kommen.
Wir treffen uns an einem frühen Abend in Hochfeld. Ausgestattet mit Bier laufen wir durch den Rheinpark, seinem Lieblingsort, vorbei an Bäumen und Graffiti-Spots. Schließlich erreichen wir eine kleine, beleuchtete Unterführung und das Interview beginnt.
Wie und wann hast du mit dem Rappen angefangen?
Ich hab´ quasi schon mein ganzes Leben lang nichts anderes als Deutschrap gehört und zum Musikmachen bin ich über meine Freunde Javi und Jiri gekommen, die unter den Namen Miliö und Phönix Jones Musik machen. Ich war noch ein kleiner 14/15 jähriger Junge, als ich die beiden kennengelernt habe und ich hab´s einfach übertrieben gefeiert, dass endlich mal jemand in meinem Umfeld diese Mukke macht. Das hat mich auf jeden Fall inspiriert und alles Weitere kam durch Javi. Wir waren gemeinsam unterwegs und ich habe angefangen, mit ihm Texte zu schreiben. Über ihn habe ich dann auch Korbi aka Korkens, kennengelernt, der mittlerweile viele Sachen von mir produziert hat.
Das war auch ein geiler Moment, denn eigentlich kannten wir uns schon vom Sehen aus der Schule. Und dann hat mir Javi ihn vorgestellt und ich kam rein und dachte nur: Wir kennen uns doch, und Korbi hatte die gleiche Reaktion. Gleiche Schule, gleicher Weg, aber dann haben wir uns original erst bei ihm in der Bude kennengelernt. An diesem Abend haben wir auch den Track „Shell“ gemacht. Javi meinte: „Lass mal einen Track machen“, und dann hab‘ ich, 8 Bars geschrieben und am Ende des Abends war der Track fertig. Das war einfacher als ich gedacht hab´ und dann hab´ ich sofort Blut geleckt.
Deine Musik in drei Worten:
Ehrlich, Boom Bab und Graffiti. Das ist, glaube ich das, was ich inhaltlich am meisten reinbringe. Auch wenn das mit dem Graffiti irgendwie alles weniger geworden ist, seitdem ich Musik mache.
Was hat´s mit der Ehrlichkeit auf sich?
Ehrlichkeit oder Authentizität ist mir echt wichtig. Das ist auch das erste, wo ich bei Leuten rumhate, wenn die Musik machen und ich weiß, dass das, was sie sagen, gecapt ist.
Diese Diskussion darüber, ob ein guter Rapper alle Wörter benutzen sollte oder nur diejenigen, die auch in seinem normalen Sprachgebrauch vorkommen, führe ich immer wieder. Ich bin ein Vertreter davon, dass man keine Wörter benutzen sollte, die man im normalen Leben nicht benutzen würde.
Du hast es ja im Prinzip schon verraten, aber was ist dir wichtig bei deiner Musik? Worauf kommt es dir an?
Dass es authentisch ist. Es muss mir Spaß machen, ich versuch´ schon Mukke zu machen, für die ich mich in zwei Jahren nicht schäme. Ich denke viel darüber nach, ob ich das in drei Jahren auch noch so unterschreiben würde. Das ist mir schon sehr wichtig.
Was ist neben Graffiti dein Lieblingsthema?
Also, ich mag es am allerliebsten, wenn ich in einer Session bin und darüber schreibe, was wir gerade machen. Und dann schreibe ich auch gerne mal einen Track darüber, wie ich gerade einen Track schreibe. Ich meine, „Shell“ ist das beste Beispiel. Da habe ich eigentlich nur erzählt, wie wir zusammensitzen, Joints rauchen und nicht auftreten können, weil Corona ist und wir Fifa spielen müssen, weil keiner raus darf. Ich glaube, da hat sich nicht viel verändert. Jetzt rede ich darüber, dass ich nicht mehr Malen gehe, sondern viel Mukke mache. Eigentlich beschreibe ich das, was gerade in meinem Leben abgeht.
Also wenn man deine Tapes hört, bekommt man einen authentischen Einblick in dein Leben?
Hoffentlich, das ist auf jeden Fall mein Ziel. Natürlich erzähle ich auch immer nur das, was ich auch erzählen will. Ich erzähle ungern davon, mit welchen Leuten ich Palaver hab´ oder so. Ich muss jetzt keine Disstracks schreiben, das find ich affig.
Okay, also bei Battlerap bist du raus?
Ja. Also, ich find Battlerap schon cool. Ich habe ganz lange Rap am Mittwoch usw. gesuchtet bevor ich Mukke gemacht habe, aber ich würde da niemals hingehen. Das ist verschwendete Energie, ich will nicht hundert Bars darüber schreiben, wie scheiße ein anderer ist, weißt du? Da schreib ich lieber darüber wie geil Duisburg oder mein Leben ist. Das gibt mir mehr Antrieb, glaube ich.
Duisburg, deine Stadt, dein Bezirk, dein Viertel, dein Block. Was macht die Stadt so besonders für dich?
Ich bin hier geboren, aber dann mit 3 Jahren weggezogen. Duisburg war aber trotzdem die nächstgrößte Stadt und es war schon immer so, dass ich dachte: Okay, ich fahre jetzt eine halbe Stunde mit dem Zug und bin dann in der großen Stadt. Das hat mich damals schon fasziniert.
Dann habe ich Hochfeld entdeckt, weil alle Leute, die ich in Duisburg kennengelernt habe, früher in Hochfeld abgehangen haben. Ich hab´ mich dann einfach geisteskrank in dieses Viertel verliebt. Das war auch nochmal viel krasser als die Liebe zu Duisburg an sich. Hier in Hochfeld geht auch nach 22Uhr noch was auf den Straßen ab. Sie sind alle belebt und Leute aus den verschiedensten Kulturen kommen zusammen. Das ist schon viel geiler als auf dem Dorf. Da, wo ich herkomme, findet alles zu 90% in so einem Kack-Dorffestzelt statt, wo Schlagermukke läuft und auf Schlager reagiere ich wirklich allergisch.
Du hast ja gerade schon ein wenig verraten, was Duisburg für dich emotional bedeutet. Was macht die Stadt denn so im Großen und Ganzen besonders?
Duisburg ist eine sehr ehrliche Stadt. Das ist halt Ruhrpott. Den Ruhrpott generell finde ich sehr faszinierend, ist halt einfach ein geiler Vibe. Die Menschen haben einen eigenen Schlag, würde ich sagen. Also, auch außerhalb von Duisburg, wenn du nach Bochum fährst oder so, das ist halt einfach eine bestimmte Sorte von Menschen. Ich hab´ das Gefühl, dass der Ruhrpott auf jeden Fall sehr offen ist, gerade auch für solche Subkultur-Geschichten. Graffiti geht im Ruhrpott voll viel, aber leider sind Hip-Hop Veranstaltungen hier in Duisburg nicht so stark vertreten. Das machen wir gefühlt alles selber oder Freunde von uns. Aber es ist schon geil, dass man nur 20 Minuten irgendwo hinfahren muss und schon die nächste Hip-Hop Reihe findet, die jeden Monat stattfindet.
Ihr etabliert ja auch gerade die Szene in Duisburg zum Beispiel mit eurer Veranstaltungsreihe Rhein Gigs
Ja man. Das gab´s aber früher auch mehr. Die Old Schooler haben ja auch Hip-Hop Veranstaltungen gemacht und wir versuchen das hier jetzt ein bisschen weiter zu führen. Die haben mittlerweile Kinder oder weiß ich nicht, was die alle so machen, müssen viel arbeiten gehen und haben halt einfach nicht mehr so viel Zeit. Diese Rhein Gigs Geschichte ist auf jeden Fall ein richtiges Herzensprojekt von uns.
Selbst wenn ich mit Mukke dieses Jahr voll viel reißen würde und unterwegs sein sollte, könnte ich mich nicht davon losreißen, hier im Rheinpark so lang das noch geht, meinen eigenen Shit zu machen und unserem Freundeskreis eine Bühne zu bieten. Und Duisburg wächst ja auch gerade extrem. So viele Leute haben in den letzten zwei Jahren ihre ersten Tracks rausgebracht, es kamen schon Leute aus anderen Städten zu mir und meinten: „Was habt ihr hier für ein Nachwuchszentrum auf einmal aufgebaut?!“. Das sind ja mittlerweile zwei Hände voll Rapper, die alle aktiv sind. Das kickt auf jeden Fall mehr, als wenn man der Einzige wäre, der Musik macht.
Also ist Duisburg bald das neue Hip-Hop Mekka?
Das ist das Ziel. Aber das Ziel ist auch, dass die Leute, die Mukke machen hier bleiben. Das ist immer so ein Problem, wenn man zwei Jahre lang gute Zahlen hat. Dann haben alle das Gefühl, sie müssten nach Leipzig oder Berlin ziehen, weil da die Connections sowieso schon sind und man sich ins gemachte Nest setzen kann. Das ist natürlich einfach, geil und absolut logisch. Aber irgendwie weiß ich nicht, ob ich es noch so feiern würde, wenn ich nur noch in Berlin meine Tracks aufnehmen müsste.
Schnacken wir doch mal ein bisschen über deine Releases. Neben unzähligen Singles ist dein erstes Tape „Haschi“ Ende 2022 rausgekommen, gefolgt von „Alte Schule“ im September 2023 und jetzt am Freitag ist deine neuste EP „Stopf es in die Socke“ mit Swin erschien. Wie fühlt sich das an?
Es fühlt sich so an, als würde das Ganze langsam ein bisschen Früchte tragen. Es geht immer Vorwärts, das macht richtig Bock!
Du hast 2023 stark vorgelegt, was kommt jetzt?
Das erste Release dieses Jahr war ja „Keiner ahnt“ mit Johnny Paranoia, der nächste Duisburger, der seinen ersten Track rausgebracht hat. Dann kam im Februar der Song „TikTok“ mit Miliö und jetzt am Freitag ist ja die EP „Stopf es in die Socke“ erschienen.
Jetzt gerade sammele ich für mein nächstes Soloalbum. Das wird auf jeden Fall vom Vibe her so ein bisschen in die Richtung „Alte Schule“ Tape gehen, aber es wird nicht so gute Laune Musik wie bisher sein. Bis jetzt ist es ja eher alles so ein wenig heile Welt, aber ich hab´ Lust auf etwas düstere, aggressivere und böse Beats. Ich kann mir gut vorstellen, dass es im Juni/Juli auch schon wieder soweit ist, dass ich solomäßig etwas herausbringe. Ich hab´ gerade schon mehr Bock darauf, kleinere Projekte zu machen anstatt Singles. Ich plane auch gerade für Juli eine kleine Tour durch Deutschland mit meinem Bruder Schmaler Taler, der dann nebenbei in den Städten tätowiert.
Letzte Frage: Haschi, das bedeutet ja EIGENTLICH zu 100% Hip-Hop, aber um alle Elemente zu erfüllen, fehlt dir ja noch DJing und Breakdance. Werden wir dich bald auch Auflegen und Tanzen sehen?
Boah, also ich glaub´, Tanzen wird man mich nicht sehen, aber das liegt auch am fehlenden Talent. Ich hab´ sehr viel Respekt vor Leuten, die immer noch Breaker sind, aber die bekomme ich auch gar nicht so mit. Es ist eigentlich schade, dass es diese Szene hier nicht gibt. Und zu Djing (…) ich hab´ halt sehr talentierte DJs um mich herum und würd´ mich jetzt nicht davor sträuben, solche Skills zu haben. Wäre schon geil zu scratchen usw., aber im Moment hab´ ich genug andere Baustellen. Ich will es aber nicht ausschließen!!