Zwei komplett verschiedene Bands, die komplett unterschiedliche Genres und Generationen bedienen und dennoch eines gemein haben
Wir Menschen sind ziemlich unterschiedlich, die einen sind gläubig, die anderen nicht. Die einen wohnen im Süden, die anderen im Norden. Manche sind „links grün versifft“, andere wiederum braune Faschisten.
Eins verbindet uns jedoch alle: Musik. Manche bezeichnen sie als etwas ‚Unnötiges‘, was ich persönlich für die dümmste Aussage ever halte, denn was wäre diese Welt ohne sie? Ohne Musik wäre das Leben ziemlich trostlos und grau und somit in weiten Teilen auch nicht lebenswert. Musik wirkt sich außerdem auf mehreren Ebenen unseres Körpers aus. Einmal auf die Gefühlsebene, wodurch wir abschalten oder hochfahren können und andererseits auf die körperliche- das führt beispielsweise dazu, dass sich unser Herzschlag verändert und der Bluthochdruck sich senkt, was zur Folge hat, dass wir uns entspannen. Musik löst also etwas in uns aus.
Aber darauf möchte ich nicht weiter eingehen, schließlich soll das hier keine Hommage an die Kunstgattung Musik werden. Also zurück zum Thema. Es liegt nahe, dass wir zuerst mit der Musik in Verbindung kommen, die unsere Eltern gerne hören. Ich habe das Glück, in einem Haushalt aufgewachsen zu sein, in dem permanent Musik gespielt wurde, egal ob morgens oder abends – meine Eltern lieben Musik und haben diese Leidenschaft an mich weitergegeben. Von Jazz und Soul über Pop bis hin zu Rock- unsere Musikwand gibt alles her.
An eine Band kann ich mich noch besonders gut erinnern – die Rolling Stones. Mein Vater, ein Stones Liebhaber, entdeckte die Rock Band in seinen jungen 20ern, eins führte zum anderen und vier Konzerte später + ein spontanes Treffen mit Mick Jagger führten dazu, dass er selbstverständlich auch seinem Kind (moi), diese Musik nahebringen wollte.
Seitdem ich auf dieser Welt bin, kenne ich also auch ihre Musik, man könnte sagen, dass sie meine musikalische Entwicklung von klein auf mitbegleitet haben und somit auch Teil des Grundsteins meines Musikgeschmacks sind.
Die Rolling Stones sind nicht das Produkt einer Castingshow oder eines Labels. Ihre Geschichte beginnt 1961 an einem Bahnhof in Kent (GB). Damals wartete der 18-jährige Mick Jagger an dem Bahnsteig auf seinen Zug Richtung London. Dort traf er auf seinen alten Grundschulfreund Keith Richards, der den gleichen Zug Richtung London nehmen wollte. Mick trug zu der Zeit Schallplatten des amerikanischen Bluesmusikers Muddy Waters und des Rock n Roll Musikers Chuck Berry unter dem Arm, Keith bemerkte dies und da er ebenfalls von der zu jener Zeit relativ unbekannten Musik begeistert war, entwickelte sich ein Gespräch. Daraus wurden Treffen, in denen sie die Schallplatten hörten. Das gemeinsame Interesse an der Musik führte dazu, dass sie sich erneut anfreundeten. Mick spielte zu der Zeit mit Dick Taylor und Bob Beckwith in der Band ‚Little Boy Blue and the Blue Boys‘. Als er erfuhr, dass Keith Gitarre spielt, beschloss er, ihn mit ins Boot zu holen. Nach mehreren Abenden in der Jazz und Blues Szene, kam es eines Tages dazu, dass Mick den Gitarristen Brian Jones kennenlernte, welcher zu der Zeit eine Band gründen wollte. Eins führte zum anderen und so traten Mick Jagger, Keith Richards, Brian Jones, Tony Chapman, Dick Taylor und Ian Stewart am 12. Juli 1962 zum erstem Mal unter dem Namen The Rolling Stones als Vorgruppe für den Bluessänger Long John Baldry vor etwa 100 Zuschauer:innen in London auf.
Nach ein paar Auftritten und Umbesetzungen stand die Band mit den Mitgliedern Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts, Brian Jones und Bill Wymann. Als Brian Jones verstarb übernahm 1975 Ron Wood seinen Posten.
1963 wurden auch die Beatles, die zu der Zeit bereits landesweit mit ihrer Musik Erfolge feierten, auf die Stones aufmerksam. Es entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den Bands.Irgendwann fanden die Stones ihren eigenen rauen Rock n Roll Sound, der von Blues beeinflusst wurde. Das prägnanteste Element in ihrer Musik ist jedoch das Gitarrenriff von Keith Richards, welches in den meisten Songs heraussticht. Mit diesem Sound schafften sie es, sich von der britischen Chartmusik abzuheben.
Aber damit nicht genug, um erfolgreich zu werden, braucht es mehr als nur einen relativ guten Sound. Der damalige Zeitgeist wurde von dem Ausgang des 2. Weltkriegs, Hippies, politischen Bewegungen und Kommunengründungen geprägt. Man sehnte sich nach Freiheit, Selbstverwirklichung und ein Leben ohne Disziplin. Die Jugend wollte sich von den Wertevorstellungen der Eltern befreien und damit ein komplett neues Lebensgefühl und Wertesystem schaffen.
Sex, Drugs and Rock n Roll, darauf kam es an. Genau das haben neben vielen anderen Bands auch die Rolling Stones vermittelt. Sie hatten Spaß am Leben, haben Partys gefeiert und Drogen konsumiert. Liedern wie: „Satisfaction“ oder „Sympathy for the devil“ spiegeln das wieder. Nicht ohne Grund sagte Bill Clinton eines Tages, dass Keith Richards` „die einzige Lebensform ist, die außer Kakerlaken einen Atomkrieg überleben kann“. Es entstand ein Personenkult besonders um die Frontmänner Keith Richards und Mick Jagger, die nicht nur um den Ruhm, sondern auch um Frauen konkurriert haben.
Technisch ist das, was die Rolling Stones machen, nicht wirklich schwierig, jedoch trafen sie den Zahn der Zeit und haben es geschafft, sich neben Künstler:innen wie Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison oder Syd Barrett einzureihen. Das, was sie jedoch von all diesen brillanten Musiker:innen unterscheidet, ist ganz simpel und dennoch so elementar: Sie haben überlebt.
Ich hatte die Ehre, diese Legenden Jahrzehnte nach ihrer Hochzeit live zu sehen und ich muss sagen, sie schaffen es immer noch, diesen Spirit an die Konzertbesucher:innen zu vermitteln.
Hier könnte die Geschichte auch enden, aber das wäre ziemlich traurig. Denn der Artikel handelt nicht nur von den Rolling Stones genauso wenig wie mein Musikgeschmack. Auch dieser hat sich weiterentwickelt und wächst stetig. Irgendwann in meinen späten Teenie Jahren entdeckte ich die Band Rüfüs du Sol.
Eine australische alternative-dance-electronic Gruppe bestehend aus den Mitgliedern Tyrone Lindqvist, Jon George und James Hunt, die sich 2010 zusammen fanden und die Band Rüfüs – später Rüfüs du Sol – gründeten. Drei Jahre später erschien ihr Debütalbum Atlas, mit dem sie es im selben Jahr auf Platz 1 der australischen Albumcharts schafften. Ihr Sound lässt sich schwer in Worte fassen, da es eine Mischung aus melodischen und organischen electro Sounds, aber auch dumpfen Bässen und teils nachdenklichen Texten ist.
Das record label Sweat it out beschreibt ihren Sound als eine „Verschmelzung von instrumentaler Sensibilität und durchdachter Tanzproduktion“. Ich finde, das trifft es auf den Punkt. Die Elemente verschmelzen perfekt miteinander und bilden das, was man wohl Perfektionismus on its finest nennen kann. Ihre Shows sind heiß begehrt und meistens ausverkauft. Warner Music beschreibt die Grammy Gewinner als „einer der spannendsten Electro-Acts unserer Zeit“. Das Mix Mag betitelt sie als eine der weltweit beliebtesten elektronischen Live Acts.
Was genau machen die Jungs also anders?
Ich kann es euch verraten, sie schaffen es durch perfekt abgestimmte Musik, einem simplen Bühnenbild, was im Prinzip nur aus drei kleinen Tribünen und einer Lichtshow besteht, Magie zu erzeugen. Die Texte handeln oft von Liebe, Schwerelosigkeit und dem Verlieren im Moment. In dem Lied No Place geht es beispielsweise um die Anziehung zweier Personen innerhalb eines Infernos – die Stimmung ist dabei jedoch alles andere als düster.
Bei ihrem neuen potenziellen Evergreen On my knees bildet der Text einen Kontrast zu der Melodie. So heißt es im Refrain: „Looks like I’m on my knees again, feels like the walls are closing in, looks like I’m on my knees again“. Trotz des eher negativen Texts schießt die Melodie in die Höhe. Das sorgt dafür, dass man als Zuhörer:in abgeholt wird und den Drang verspürt zu tanzen. Eigentlich werden in so gut wie jedem Lied die Texte von einem elektronischen Gewand umarmt, was zur Folge hat, dass sie unfassbar leicht und dennoch kraftvoll wirken.
Die Songs holen einen ab, entführen in andere Sphären und bringen einen zum Schluss unversehrt zurück auf den Boden. Im Prinzip kann man sich das wie eine kleine Flugreise vorstellen: Die Texte geben dabei die Flugrichtung an und die Melodie bildet den Treibstoff.
Rüfüs du Sol ist eine Band, die man im Auge behalten muss. Sie kreieren Musik, die einem auf eine Art Hoffnung, aber auch gute Laune gibt. Sie erzeugt innere Wärme und gleichzeitig komplette Ektase, was in unserer heutigen Zeit mehr als gebraucht wird.
Was genau verbindet die beiden Bands miteinander? Die Antwort ist glasklar: Sie schaffen es, Menschen zu faszinieren, sie mit ihrer Musik in einen Bann zu ziehen und den Zahn der Zeit zu treffen. Klar, ich hätte diesen Artikel auch Lenny Kravitz feat. Flume nennen und über diese musikalischen Einflüsse auf mich schreiben können, aber das habe ich nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich beide Bands innerhalb von einem Monat live gesehen habe, wer weiß? Ich weiß zumindest, dass mich diese Performances und Musik dazu bewegt haben, diese Zeilen zu schreiben und ich bin mir sicher, dass ich der nächsten Generation die Musik von Rüfüs du Sol vorspielen werde- so wie es mein Vater mit mir und den Rolling Stones gemacht hat. Und wer weiß, vielleicht steht dann irgendwann einer meiner Nachfahren tanzend in der ersten Reihe eines Rüfüs du Sol Konzerts.